Bin ich noch gesellschaftsfähig?
von Dominik Schmid
Erstes Adventswochenende
Plötzlich ist die Adventszeit da. Das erste Adventswochenende bot eine wunderbare Gelegenheit, über die Weihnachtsmärkte in Kloten und Bülach zu schlendern. So zog ich mit einer kleinen Gruppe der Stiftung Wisli am Freitagabend durch den Weihnachtsmarkt in Bülach – gut, eigentlich ziemlich zielstrebig durch die Altstadt, bis wir schliesslich vor unserem Glühweinstand ankamen. Die Stimmung war bereits gut und wurde beim Genuss des Glühweins noch heiterer.
Doch unser erstes Ziel war nicht den schnellstmöglichen Becher Glühwein an diesem kalten Novemberabend, sondern ein gebührender Besuch bei unserem Wisli-Stand. Organisiert, aufgebaut und betreut wurde er von Mitarbeitenden aus den verschiedensten Bereichen der Stiftung, mit grosser Unterstützung unserer Teilnehmenden – Menschen mit unterschiedlichsten psychischen Beeinträchtigungen.
Psychisch erkrankt
Der Stand erstrahlte im weihnachtlichen Glanz, mit vielen wunderbaren Produkten aus unseren Werkstätten, hergestellt von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Erwartungsvoll, stolz und mit glänzenden Augen standen sie hinter dem Stand, hochmotiviert, ihre Produkte verkaufen zu können.
Es ist beeindruckend, was unsere Mitarbeitenden und Teilnehmenden mit Kreativität und Schaffenskraft für diesen Anlass hervorgebracht haben: Weihnachtskarten, Geschenkboxen, Gestricktes, Adventskalender, Konfitüren, Gewürzmischungen und vieles mehr – und natürlich unsere «berühmten» Pralinen.
Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt und tief bewegt, wenn ich durch den Wisli-Campus gehe und diesen Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen begegne. Sind sie noch gesellschaftsfähig? Selbstverständlich. Denn es kann jeden von uns treffen: Wie plötzlich die Adventszeit kommt, so unerwartet kann jemand in ein Burn-out oder eine Depression fallen – und dann?
Perspektiven schaffen
Die rund 200 Fachmitarbeitenden der Stiftung Wisli – ebenso wie viele andere Institutionen – geben täglich ihr Bestes, diesen Menschen in ihrer schwierigen Lebenssituation Halt zu geben, sie zu begleiten und ihnen Perspektiven für Integration und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Wir alle sind Teil dieser Gesellschaft: Politik, Firmen, Private, das persönliche Umfeld jedes Einzelnen von uns. Wir sind gefordert hinzuschauen, zu unterstützen und zugleich gut auf uns selbst Acht zu geben. Gerade Letzteres fällt mir persönlich schwer, denn ich fühle mich verpflichtet, mich mit all meiner Energie für Sie einzusetzen.
Seien wir achtsam
Am Sonntagnachmittag habe ich es dann auch geschafft, gemeinsam mit meiner Frau den schönen Klotener Weihnachtsmarkt zu geniessen – beide nach einem arbeitsreichen Wochenende. Es war eine wunderbare Gelegenheit, bekannte Gesichter zu treffen und hier und dort einen Schwatz zu halten.
Denken Sie daran; gerade in dieser vorweihnachtlichen Zeit brauchen uns Menschen mit ihrer unsichtbaren Last besonders. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen eine wundervolle Adventszeit – seien Sie achtsam mit sich selbst und mit Ihrem Umfeld.
Mark A. Wisskirchen, 1963, verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern und stolzer Grossvater von vier Enkelkindern, EVP-Stadtrat Kloten, Politikfelder Finanzen, Gesundheit & Infrastruktur Hochbau, alt-Kantonsrat, GF Stiftung Wisli, Mitglied der ref. Kirche und der FEG Kloten